Birklehofbesuch 2009

Schule Birklehof
(Hinterzarten 79856 Hinterzarten, Tel. 07652 / 122-0)
Tag der Hospitation: 23.06.2009
Teilnehmer an der Hospitation: Amelie, Carla, Christian, Jana, Jeremy, Jörg, Stefan, Leonie, Stefanie

Kurzbeschreibung der Schule:
Die 1932 von und nach dem zweiten Weltkrieg 1946 wiedereröffnete Schule ist gleichzeitig Internat und staatlich anerkanntes Gymnasium, welches nicht konfessionel gebunden ist. Die Schule hat keine explizite humanistische oder naturwissenschaftliche Ausprägung; weist aber einen leichten Schwerpunkt im musischen Bereich auf und orientiert sich ideologisch stark an den reformpädagogischen Ansätzen Kurt Hahns. Rund 160 interne und 60 externe Schüler werden am Birklehof von ungefähr 40 Erziehungskräften und Lehrern betreut und unterrichtet. Der Schulträger der Schule ist der Birklehof e.V.

Daten und Fakten:
Das durch ein paritätisches Team geleitete Internat liegt im schönen Südschwarzwald oberhalb des Höllentals ungefähr 25 Kilometer von Freiburg entfernt. Dem Land Baden-Württemberg folgend, werden die Schüler in Klassenstärken von durschnittlich 15 und maximal 24 (was sehr selten vorzukommen scheint) Schülern unterrichtet. Sie können nach 8 Schuljahren das baden-württembergische Zentralabitur ablegen. In der fünften Klasse beginnen die Schüler das Fach Englisch zu belegen, in Klasse 6 können sie sich zwischen Französisch und Latein entscheiden. Ein Entscheidungsjahrgang ist weiterhin die Klasse 8, in welcher die Schüler wählen, ob sie ein naturwissenschaftliches oder französisch geprägtes Profil belegen wollen. In der 8/10 Klasse haben sie dann die Möglichkeit, Griechisch mit dem Abschluss des Graecums anzufangen. Fünf vierstündige Kurse bilden den Kernunterricht am Birklehof. Diese Fächer sind Deutsch (1), eine Fremdsprache, die ab der 8. Klasse erlernt wurde (2), Mathematik (3), eine weitere Fremdsprache oder eine Naturwissenschaft (4) und zuletzt ein weiteres im Angebot des Birklehofs enthaltenes Fach (Englisch, Französisch, Chemie, Physik, Geschichte, Musik oder Bildene Kunst) (5). Zweistündige zu belegende Pflichtkurse, sofern nicht vierstündig gewählt, sind Geschichte, Gemeinschaftskunde, Geografie, Religion, zwei Naturwissenschaften (Biologie, Chemie, Physik), Musik bzw. Bildene Kunst und Sport. Darüber hinaus und nur für ein Jahr wählbar gibt es je nach Nachfrage noch eine Vielzahl von anderen Kursen, die zum Teil recht spezialisiert sein können, wie z.B. Literatur oder Psychologie. Weiterhin gibt es noch je nach Klassenstufe bestimmte Erweiterungsfächer im Unterrichtsprogramm; so z.B. in der 5. Klasse eine Spielstunde, das Klassenmusizieren, der Instrumentalunterricht und das textile Gestalten. Bei besoderem Bedürfnis wird eine Begabtenförderung, eine legasthenische Förderung, Nachlernkurse (ähnlich der Nachhilfe), Nachhilfe in allen Fächern, eine Schullaufbahn- und Studienberatung, Deutsch als Fremdsprache (der Birklehof beherbergt sehr viele nichtdeutsche Schüler aus aller Welt) sowie ein Konzentrations- und Entspannungstraining angeboten.

Unterrichtsalltag und Leben an der Schule:
Die externen Schüler am Birklehof besuchen das Internat wie ein normales Gymnasium; ihr Schulalltag ist allerdings durch die vielen extraschulischen Aktivitäten, die obligatorisch sind, geprägt. Daher ist auch ihr Schulalltag relativ lang. Richtig interessant ist natürlich der Alltag der rund 60 internen Schüler, die auf dem Campus lernen und leben. Diese wohnen in nach Geschlechtern getrennten Häusern auf dem Internatsgelände. Sie sind in 12 Internatsgruppen a 4 bis 18 Schüler eingeteilt und werden von Lehrern mit einem besonderen Aufgabenbereich, den sogenannten Hausältesten, beaufsichtigt. Viele Lehrer, die diese Betreuerfunktion übernehmen, leben auch direkt auf dem Schulgelände. Ein Internatswohnhaus besteht so meist aus einer bestimmten Anzahl von Schülerwohnungen, das heißt Doppelzimmern (nur im Abschlussjahrgang haben die Schüler ein Anrecht auf ein Einzelzimmer) und einer Lehrerwohnung, die direkt in das Gebäude integriert ist und von dem Lehrer mit Betreuerfunktion bewohnt wird.
Der Schulalltag dauert von 6:45 Uhr (Wecken) bis 17:45 (letzte Unterrichtsblocks) mit vielen Pausen. Eine feste Studienzeit von 17:45 bis 18:00 Uhr sowie Arbeitsgemeinschaften bis 19:00 Uhr und das sich anschließende gemeinsame Abendessen beenden den langen Tag der Schüler und Lehrer. An den Wochenenden werden oft außerschulische Sonderaktivitäten angeboten (Wettkämpfe in Sport, Ausflüge etc.). Die internen Schüler dürfen maximal alle drei Wochen nach Hause fahren, verbleiben aber ansonsten die ganze Zeit am Birklehof. Da um 22:00 Nachtruhe auf dem Gelände herrscht und Ausflüge nach Freiburg aufwendig beantragt werden müssen, ist das Abendprogramm der Jugendlichen stark eingeschränkt. Es gibt jedoch einen Partykeller, den die Oberstufenschüler am Freitag sowie am Wochenende bis 1 Uhr nachts besuchen dürfen. Dort darf Alkhohol verkauft, ausgeschenkt und verköstigt werden. Ansonsten ist der Betäubungsmittelkonsum auf dem gesamten Schulgelände strengstens verboten. Verstöße gegen die Schulordnung ziehen ernste Konsequenzen nach sich.

Persönliche Eindrücke bei der Schulbesichtigung
Nach einem ausführlichen Gespräch mit dem Unterrichtsleiter Hans Georg Bier führte uns ein Schüler der 11. Klasse auf dem Birklehof rum und erklärte uns die Schule. Wir gewannen einen Eindruck über das Schulgelände, den Unterricht am Birklehof, die Ideale der Schule, den Schulalltag und die besondere Atmosphäre, die an einem privaten Eliteinternat vorherrscht. Der sich liebevoll und ein wenig abgrenzerisch als „mit Herz und Seele Birklehofer“ bezeichnende Schüler gab uns einen tiefen Eindruck in das Internatsleben. Doch gerade dieser Eindruck erzeugte bei uns sehr ambivalente Reaktionen. Einerseits waren wir alle begeistert von der Hingebung der dort arbeitenden Pädagogen und dem zwar konservativen doch sicherlich überwiegend positiven Unterricht, in welchem das Bestmögliche mit den vorhandenen Ressourcen realisiert wurde. Andererseits waren viele von uns geschockt von dem elitären Bewusstsein und dem anscheinend vorherrschenden Snobismus innerhalb der Schülerschaft. Wir gewannen den Eindruck, dass diese sich als etwas Besonderes und Unvergleichliches betrachteten; ein Zitat des Schülers, der uns die Schule zeigte, soll dies verdeutlichen. Beiläufig und selbstverständlich erklärte er: „Birklehofer wissen eben, dass sie und ihre Eltern etwas ganz Besonderes sind.“
Lässt man sich jedoch von dem hohen aber sicher durch die immensen Kosten der Schuleigenverwaltung entstehenden Kosten des Internatsbetriebs von etwa 2500 Euro im Monat pro Kind sowie dem elitären Besonderheitsgehabe nicht abschrecken, so bietet der Birklehof sicher eine indiviualistische Ausbildung auf höchstem Niveau, die jeden Schüler mit seinen spezifischen Stärken und Schwächen wahrzunehmen versucht.

Kontakt: Christian Heinzmann: c.heinzmann@yahoo.de, Leonie Biehler Leo.Biehler@web.de
Student08 - 5. Sep, 19:53

Kommentar ASM 2011

Auch im Jahr 2011 besuchte eine Gruppe von Studenten den Birklehof. Die Organisation des Hospitationsbesuchs verlief reibungslos. Wir erhielten eine ausgiebige Führung über das Birklehofgelände, ein Gespräch mit dem Schulleiter und dem Unterrichtsleiter und in der Pause die Gelegenheit, Schüler zu interviewen.
Wer den Birklehof rein aus reformpädagogischem Interesse besucht, wird sicherlich enttäuscht. Denn weit mehr als Kurt Hahn und Georg Picht stehen der Faktor "Internat" und die daraus resultierende Gemeinschaft im Vordergrund. Dies wurde sowohl von Schüler- als auch Lehrerseite wiederholt betont.
So bleiben uns auch vor allem diese Aspekte in Erinnerung: Lehrer sind nicht nur "Lehrer", sondern auch "Hauserwachsene" und damit Vertraute außerhalb des Unterrichts. Dadurch ist sicherlich ein anderes Schüler-Lehrer-Verhältnis möglich. Jedoch wurde auch von Schulleitungsseite gesagt, dass es nicht leicht ist, Lehrer für diesen besonderen Job zu finden. Außerdem finden Schüler, die zwar von Haus aus materiell und finanziell sehr gut ausgestattet sind, denen es aber zuhaus an Aufmerksamkeit seitens der Eltern oder Freunde fehlte, eine große Gemeinschaft. Abseits von diesem "Gemeinschaftsfaktor" bedeutet Internat, also das Zusammenleben von knapp 200 Menschen, aber auch strenge Regeln, Regeln, Regeln... was Ausgehzeiten, elektronische Geräte, Mädchen-Jungen, Essen .... betrifft... und natürlich die nicht zu verachtenden ca. 2565 € im Monat.

Lena, Sandra, Jule, Henrieke


LISTE Schulen Praxissemester
LISTE Schulen zur Hospitation
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren